Streifzug durch die Geschichte der Reutlinger Leselern-Paten

Hier finden Sie Rede zum Herunterladen.

Rede von Anke Bächtiger anlässlich des Festabends am 9.2.2017

Aller Anfang ist schwer – hören Kinder von Ihren Eltern oder Lehrern. Denn nicht allen Kindern fällt das Lernen leicht. Bei den Leselern-Paten war der Anfang nicht schwer, sondern klein und dennoch voller Motivation und Leselust.

Vor sieben Jahren hörte Gudula Afanasjew von dem Hannover Projekt der Lesementoren und nahm mit dem Initiator Herrn Otto Stender Kontakt auf. Von da an ließ sie diese Idee nicht mehr los. Sie wollte Grundschulkindern beim Leselernen helfen, auch hier in Reutlingen.

Sie kannte das Reutlinger Projekt „Leselust“, bei dem Seniorinnen im Kindergarten vorlesen. Dieses wird von der Abteilung für Ältere begleitet. Aus der Gruppe ließen sich zwei aktive Vorleserinnen für die Idee begeistern, jungen Schülern eine Förderstunde zu geben und machten mit.

Auch Frau Dr. Weber von der Stabsstelle Bürgerengagement – meine Vorgängerin – ließ sich anstecken und so startete das Projekt 2010 an der Eduard Spranger Schule mit drei Leselern-Patinnen.

Ich glaube nicht, dass den drei ersten Patinnen der Anfang schwer fiel, denn Sie sind heute noch mit Freude aktiv dabei! Ich möchte Ihnen nun Frau Gudula Afanasjew, Frau Erika Bruns und Frau Barbara Baumann vorstellen und bitte die Damen sich kurz zu erheben:

Die Grundlage für die Patenschaft ist das 1:1 Prinzip: ein Grundschulkind erhält von einem Paten eine Schulstunde lang ohne Druck und mit Humor eine persönliche Unterstützung beim Lesenlernen und beim Üben des Leseverständnisses.

Um die Kinder zu motivieren und zu zeigen, was sie geschafft haben, wurde eine Stempelkarte mit 24 Smileys eingeführt. Nach jeder Stunde malt das Kind oder stempelt ein Smileys aus. Nach jeder sechsten Stunde gibt es eine kleine Überraschung, die sich jeder Pate selbst überlegen kann. Das kommt gut an!

Damit sich die Leselernpaten untereinander kennenlernen und ihre Erfahrungen austauschen können, fanden regelmäßig Treffen im Alten Rathaus statt. Zusätzlich boten wir Weiterbildungen an, zu denen Fachleute eingeladen wurden, wie:

Frau Prof. Dr. Füssenich vom Bundesverband Alphabetisierung mit dem Vortrag: „Was fördert oder beeinträchtigt das Lesenlernen?“

Auch Fachlehrer führten schon Fortbildungen durch, wie Frau Hoffmann-Schlehahn von der Eduard-Spranger –Schule “Wie funktioniert das Lesenlernen?” oder Frau Ebinger „Lesen lernen mit Deutsch als Zweitsprache“.Spannend war auch der Einblick in die Arbeit vom Leiter des Instituts für Legastheniker-Therapie, Herrn Caspar Bonhoff zu „Schwierigkeiten beim Schreiben- und Lesenlernen.“

Und das Projekt wuchs weiter: immer wieder meldeten sich interessierte Frauen und Männer, die von Gudula Afanasjew in die Methode eingeführt wurden und bei ihr hospitieren.

Und auch die Schulen wurden immer mehr auf uns aufmerksam: eine Kooperation mit der Roßbergschule, die Matthäus-Beger-Schule und die Hermann-Kurz-Schule wurde aufgenommen.

Anfang 2012 wechselte Frau Dr. Weber an die Duale Hochschule und ich übernahm die Aufgaben der Stabsstelle Bürgerengagement und damit auch die Weiterentwicklung des Projekts.

Um die Materialien für die neuen Schulen anzukaufen, wendeten wir uns an Spender und Sponsoren und hatten Erfolg: Der Lions-Club Neckar Alb und das Spendenparlament unterstützten das Projekt.

Das sorgte für gute Pressemeldungen und auch unser neuer Flyer bescherte uns weitere Paten und neue Schulkooperationen, wie mit der Schillerschule und der Bodelschwingh-Schule.

Im Januar 2013 waren bereits 40 Leselern-Paten aktiv und davon die Hälfte an der Eduard-Spranger-Schule (unserer Keimzelle).

Frau Afanasjew hatte dann die Idee, auf unsere regionale Buchhandlung Osiander zuzugehen und so stellen wir gemeinsam Herrn Christian Riethmüller im Frühjahr 2014 das Leselern-Paten-Projekt vor. Wir trafen auf offenen Herzen und Türen. Er schlug uns die Gutscheine vor: Wenn ein Kind die Stempelkarte voll hat – das ist in der Regel am Ende des Schuljahres der Fall – erhält es als Belohnung einen Gutschein für den Kauf eines Buches bei Osiander in Höhe von 10 €. Die Gutscheine kamen und kommen sehr gut an bei Kindern und Paten. Auch die Paten erhielten einmalig eine Anerkennung für ihr Engagement mit einem Gutschein in Höhe von 10,-€.

Im Sommer 2014 wurde Gudula Afanasjew durch die „dm Drogeriemarkt“-Kette der Regional-Preis „Helfer-Herzen“ verliehen. Im Zuge dessen und als Anerkennung erhielt sie ein Dankschreiben der Bundesbildungsministerin Frau Prof. Wanka. Im gleichen Jahr unterstützte uns die Kreissparkasse mit einer Spende.

Mittlerweile kamen auch die Jos-Weiß-Schule, die Mörikeschule und die Friedrich-Hoffmann-Schule hin, so dass Ende 2015 über 80 Leselern-Paten an neun Grundschulen aktiv waren.

Wir haben also in den vergangenen sechs Jahren eine spannende Entwicklung gehabt, die einmal klein anfing mit drei Paten, heute sind es fast 90.

Durch die erweiterten Aufgaben der Stabsstelle im Bereich der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe waren ab Mitte 2015 keine personellen Ressourcen da, das Projekt weiter auszudehnen und neue Schulen aufzunehmen.

Und da schickte im Sommer 2016 der Regisseur des Lebens Herrn Kurz und Frau Aichele zu uns auf die Bühne, weshalb wir nun hier stehen.